Treibt der Kindergarten Tolk in den Ruin?
Tolk
Die Kita-Reform hat für die Gemeinde teure Folgen – erwartet werden zusätzlichen Kosten von jährlich 40000 Euro
Die Gemeindevertretung Tolk schlägt Alarm. Gerät die Gemeinde in eine finanzielle Schieflage, weil sie einen Kindergarten hat? In der jüngsten Sitzung hatte Amtsdirektorin Svenja Linscheid zunächst die neue Vorgehensweise erläutert, die sich aus der Kita-Reform ergibt: Die Reform soll die Qualität in der Kindertagesbetreuung verbessern und gleichzeitig Familien und Kommunen finanziell entlasten. Die Finanzierung der Kitas läuft über eine gemeinsame Datenbank, alle Standortgemeinden erhalten einen pauschalisierten Fördersatz.
Besonderheiten passen nicht in die Pauschale
Aber gerade diese Pauschale ist es, die den Tolkern Sorgen bereitet, wie Bürgermeister Andreas Thiessen deutlich machte. Er wies darauf hin, dass es in der Tolker Kita mit dem frisch zubereiteten Frühstück und einem ebensolchen Mittagessen Besonderheiten gibt, die nicht unter die Förderung des Landes fallen, auf die man aber auf keinen Fall verzichten möchte. „Das finanziert die Gemeinde zusätzlich“, sagte Thiessen.
Hinzu kommt noch eine Besonderheit in Tolk: Die Betreuung wird hier ausschließlich von Erzieherinnen und Erziehern wahrgenommen. Die Pauschale dagegen geht auch von einem Anteil Sozialpädagogischer Assistenten aus. „Die Erzieher werden aber besser bezahlt, zumal, wenn sie schon länger im Beruf sind, wie das bei uns der Fall ist“, erklärte der Bürgermeister. Für Tolk ergibt sich aus diesen Umständen ein prognostiziertes Minus von rund 40 000 Euro pro Jahr, das bei der Gemeinde hängen bleibt.
Auch die Amtsdirektorin sieht das Problem: „Diese Pauschale passt nicht in die Realität, wenn man mit zwei Erzieherinnen pro Gruppe arbeitet. Ich hoffe, dass es da noch eine Anpassung gibt“, sagte Svenja Linscheid.
Die Befürchtung in der Gemeindevertretung ist jedoch, dass Tolk noch viel Geld in die Hand nehmen muss, ehe es zu einer solchen Anpassung kommt. „Wir werden durch die Kita-Reform ausgebremst, können an den Rand des Ruins getrieben werden, nur weil wir einen Kindergarten haben“, beschwerte sich Gemeindevertreter Christian Jordt, „das kann doch nicht Sinn der Sache sein.“ Bis 2024, rechnete er vor, kostet das die Gemeinde zusätzliche 150 000 Euro. „Es tut weh, wenn ich daran denke, was dadurch alles bei uns auf der Strecke bleibt. Der Ausgleich für das Personal ist einfach nicht auskömmlich.“
Den anstehenden Vertrag mit dem DRK als Betreiber der Kita nicht zu unterzeichnen, war für die Tolker Gemeindevertreter dennoch kein Thema. Die Zustimmung fiel einstimmig aus. „Wir können die Kinder doch nicht auf der Straße stehen lassen“, hieß es aus den Reihen Gemeindevertretung.
Zu einer finanziellen Belastung könnte auch eine Fläche der Kirche hinter der Raiffeisenbank werden. Es handelt sich um ein Grundstück, das einmal als Bauland oder als Ausgleichsfläche vorgesehen war, offenbar früher als so genannte-Bürgermeister-Kippe diente. „Da ist früher mal die alte Schule reingegangen“, sagte Bürgermeister Thiessen. Was noch im Untergrund schlummert, ist allerdings nicht genau bekannt. Das soll jetzt ein Gutachter klären. An den Kosten beteiligt sich die Kirchengemeinde zur Hälfte.
„Es ist relativ harmlos, wenn wir nichts Böses finden“, sagte Thiessen – wenn doch, könnten Kosten von rund 300 000 Euro anfallen. Dennoch stimmte die Gemeindevertretung zu. „Wir sind nun mal damit verheiratet und müssen da ran“, so der Bürgermeister, „je länger wir warten, desto teurer wird es.“
Zudem beschloss die Gemeindevertretung, 192 Anteile an der SH Netz AG zu erwerben. Die Kosten von 978 432 Euro sollen über einen Kredit beglichen werden. Die Gemeinde erwartet eine jährliche Rendite von 24 000 Euro, die nicht komplett in den Schuldenabbau fließen soll. Jedes Jahr soll von dem Geld ein Projekt finanziert werden, von dem alle Tolker etwas haben.
Quelle: www.shz.de